Donnerstag, 8. Januar 2009

TACHELES!!

So, bevor ich jetzt klamm heimlich meine 20iger Jahre hinter mir lasse wird nochmal Tacheles geredet:

Dieses Scheißland - warum in Dreiteufelsnamen wollte ich nur hierher?!?

Abgesehen davon, dass hier nix passiert und Singapur mitsamt Einwohnern unglaublich langweilig ist, ist man Singapur vor allem eines: unfrei!

Ich habe mich im Leben noch nicht so unfrei und kontrolliert gefühlt. Das macht sich zunächst nicht unmittelbar bemerkbar. Vielen Ausländern gefällt es hier auch tatsächlich sehr gut. Sobald man aber die Augen öffnet merkt man schnell, dass der schöne Schein nur Fassade ist.

Singapur ist sehr diskriminierend, in vielerlei Hinsicht. Oberflächlich leben hier verschiedenste Kulturen harmonisch zusammen, tatsächlich werden aber vorallem Inder stark diskriminiert, die leben im Keller der Gesellschaft. Dann kommen die Malayen gefolgt von den Chinesen, die sich hier als die Herren fühlen. Dadrüber kommen dann noch die westlichen Ausländer. D.h. als Expat wird man in Singapur besser behandelt als Singapurer selbst. Leyla wird auf ihrer Arbeit die Tür aufgehalten und sie wird freundlich gegrüßt, ihren folgenden Kolleginnen wird die Türe vor der Nase zugemacht. Uns wollten sie in einem Restaurant schon mal einen Platz geben, obwohl bestimmt ein Dutzend Locals in der Schlange gewartet haben.

In Singapur gibt es Sklaverei, und das ist kein Witz. Viele arme Menschen kommen aus Indien, den Philippinen und anderen asiatischen Ländern, um hier zu arbeiten. Als armer Inder bekommst Du z.B. einen Dreijahresvertrag, das Visum ist an die Arbeit geknüpft, man darf den Arbeitgeber nicht wechseln, sonst steht man ohne Visum da, wird mies behandelt und bezahlt und danach ist es schwer eine Verlängerung zu bekommen. Und was hier mit den Maids (Haushalthilfen) passiert ist nicht mehr feierlich. In unserer Condomidiums-Wohnung haben wir einen kleinen Extraraum. 4 qm, ein winziges Fenster von 20x20 cm und das wars. Ich dachte ja, das sei meine Abstellkammer, aber weit gefehlt, dieser Raum ist eigenlich der Service room für meine Maid..... Das gleiche Spiel, sie kommen aus dem Ausland (viele aus den Philippienen) und sind irgendeiner Vermittlungszentrale ausgeliefert. Meckern geht nicht, sonst Arbeit weg und damit auch Visum weg!

Es meckert sowieso niemand. Überhaupt wird nicht nachgedacht, dass übernimmt ja schon Vaterstaat. Eigenes Denken ist also nicht nötig und generell nicht erwünscht. Bei Leyla steht es sogar explizit in den Statuten ihrer Arbeit: Die eigene Meinung zu sagen ist verboten! Die Zeitungen haben ja nicht mal einen Politikteil. Das Lebensziel in Singapur besteht darin Geld zu verdienen, zu heiraten und eine Eigentumswohnung zu kaufen. Feierei und gute Laune steht selbstverständlich nicht auf dem Programm. Dafür Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit.

Ich habe hier einen sehr guten Vertrag, eine sehr gute Krankenversicherung, flexible Arbeitszeiten, super! So ist das, wenn man oben steht in der Geldhierachie. Für Leyla haben wir erstmal nur einen Customer Service Job am Flughafen gefunden. Sau miese Arbeitszeiten (z.B. Weihnachten und Neujahr...), miese Bezahlung. Sie hat 8 (acht!!!) Tage Urlaub im Jahr.... bleibt man 5 Jahre treu bei der Firma wird man mit ganzen 10 Tagen Urlaub belohnt, wow! Pro Monat stehen ihr 15 SGD (7,50 €) für Krankenversicherung zur Verfügung, davon kann man nicht einmal eine Konsultation von 10min. bezahlen. Leyla hat mal gefragt, wo sie sich denn in die Gewerkschaft eintragen könnte, haha, ihre Kolleginnen kannten nicht mal das Wort.

Wer sich hier an die Regeln hält und Geld hat kann gut leben. DDR lässt grüßen. Es wir überwacht und zensiert. Die Bevölkerung verhält sich durchweg passiv. Das geht soweit, dass man nicht in den Bus kommt, weil sich vorne alles staut, aber keiner nach hinten geht, nach dem Motto: ist mir doch egal.

Die liebe Frau, die hier die Mülleimer leert und den Boden wischt ist eine greise, mind. 80ig jährige Oma. Eine Schande. Leya hat schon beobachtet, wie der chinesische Chef seinen indischen Sklaven mit dem Stock tratiert.

Gläserner Bürger, über Deine Personalausweisnummer wird alles erfasst. Jeder dumme McDonalds-Mitarbeiter kann hier über meine Handynummer meine Adresse herausfinden (s.h. Beitrag weiter unten). Zensur... es wurde hier bei den MTV Music Awards das "kissed" aus dem Lied "I kissed a girl" gestrichen, fast schon wieder amüsant. Von freier Presse fange ich erst gar nicht an. Es gibt übrigends nur eine einzige Mediengesellschaft in Singapur...

So, genug geschimpft... in der vagen Hoffnung auch hier meine "Freiräume" zu finden...(Zitat ivi Newsletter, für die Frankfurter unter Euch...)

Adiós amigos,
jetzt wird irgendwo reingefeiert...

Andy

1 Kommentar:

  1. Meine Fresse, das klingt alles so unglaublich.... unglaublich! Du weisst was ich meine?

    Ich bin beeindruckt von Eurer Durchhaltekraft, wahrscheinlich eine extrem gute Idee sich diesem Theater nicht alleine auszuliefern- auf der anderen Seite sind wir zurückgelassenen so ziemlich sicher dass Du Dich NICHT gleichschalten lassen wirst und einfach mit einen SEHR SEHR viel weiteren Horizont wieder hier in Deutschland aufschlägst ;-)

    Lieben Gruß,

    mat

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